„Unsere größte Herausforderung in diesem Jahr ist die Baustoffzulassung, die bereiten wir gerade vor“, erklärt der 27-Jährige. Mit Problemen rechnet er aber nicht. Noch im März soll die Firma gegründet werden, im April soll dann ein überarbeiteter Online-Auftritt die Möglichkeit bieten, Build-Blue-Seegraskissen zu erwerben. Es folgen einige Tests und Laborversuche. Läuft alles wie geplant, soll die Produktion zum Jahresende starten. Um die Wege kurz zu halten, soll das Werk in der Region entstehen.
Maschinelle Seegras-Aufbereitung wurde vor 20 Jahren getestet
„Seegras ist zu 100 Prozent verwertbar“, erklärt Vincent Marnitz. Er hat ein Studium der Betriebswirtschaftslehre an der Hochschule Wismar abgeschlossen und glaubt fest an den Erfolg des Start-ups. Für die Reinigung des am Strand liegenden Seegrases brauche es eine ausgefeilte Verfahrenstechnik – die Weiterverarbeitung zu einem verwendbaren Rohstoff komme jedoch ohne die Verwendung von künstlichen Zusatzstoffen aus.
Vincent Marnitz kümmert sich um die Entwicklung und das Marketing. Seinen Geschäftspartner Adrian Körner kennt er schon länger. Der 35-Jährige ist für die Logistik und Produktionsleitung verantwortlich und kommt wie Mechatroniker Rico Wegner aus Wismar. Er ist neu im Team. Alles neu erfinden müssen die drei nicht. Die maschinelle Aufbereitung von Seegras ist bereits vor rund 20 Jahren in Norddeutschland getestet und die Machbarkeit bewiesen worden.
Gebäudesektor ist für viel CO2-Emissionen verantwortlich
Gelingt „Build Blue“ tatsächlich der Durchbruch, würden die Gemeinde Ostseebad Poel und andere beliebte Badeorte in der Umgebung viel Geld sparen und das Unternehmen könnte einen umweltfreundlichen Baustoff auf dem Markt etablieren.
Unter dem Gesichtspunkt steigender Energiepreise und dem wachsenden Umweltbewusstsein sieht Build Blue den perfekten Zeitpunkt, um auf Seegras beim Dämmen von Häusern zu setzen. Ökologisches Bauen liegt im Trend: Nachwachsende Rohstoffe lassen sich mit weniger Energie herstellen und belasten weniger die Umwelt.
Genau das ist auch den beiden Gründern wichtig. Ihren Recherchen zufolge ist der Gebäudesektor für 38 Prozent der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Mit ihrem nachhaltigen Seegras-Angebot soll dieser Wert gesenkt werden. Hinzu kommt: Das vom Seegras gefilterte Kohlendioxid bleibt nach dem Absterben der Pflanze gespeichert und wird so dauerhaft gebunden.
Aufbereitetes Seegras: „Es riecht nur ein wenig nach Meer“
Die Gründer planen, das Seegras so aufzubereiten, dass es atmungsaktiv verbaut werden kann – entweder in Form von Matten oder so, dass in die Zwischenräume geblasen wird. Die Vorzüge des natürlichen Rohstoffs erklärt Vincent Marnitz so: „Seegras sorgt für ein gutes Raumklima, weil es Feuchtigkeit aufnehmen und wieder abgeben kann.“ Es sei gegen Schimmel resistent und schwer entflammbar.
Einen unangenehmen Geruch, so als würde es nass am Strand herumliegen, gebe es nicht. Getrocknet und gesäubert sei Seegras fast geruchsneutral. „Es riecht nur ein wenig nach Meer“, sagt Vincent Marnitz. Er muss es wissen – er schläft auf einem Kissen, das mit Seegras gefüllt ist. Auch die sollen künftig in höherer Stückzahl produziert werden genau wie Seegrasmatratzen.
Sorge, dass das Seegras aus der Region nicht reichen könnte, haben die beiden nicht. Ihren Recherchen zufolge landen alleine auf der Insel Poel und im einige Kilometer entfernten Ostseebad Boltenhagen jährlich jeweils 10 000 Tonnen von diesem Treibgut.