Jahrelang leiden Nachbarn eines Pumpwerks in Greifswald unter Lärm und störenden Vibrationen – ein Start-up aus Rostock bringt mit einer neuen Technologie endlich Ruhe. Ihre Erfindung könnte sogar bei LNG-Terminals zum Einsatz kommen.
Greifswald. Elke Siekmeier und ihr Team vom Greifswalder Abwasserwerk zermartern sich den Kopf, wie sie Ruhe schaffen können. Die Anwohner neben dem Hauptpumpwerk in der Marienstraße klagen seit zwölf Jahren über Lärm und Vibrationen. Alle Lösungsansätze scheitern: zu teuer, zu aufwändig, nicht praktikabel. Dann liest Siekmeier von der Firma „Hydronauten“, die mit einem neuen Verfahren wie gerufen scheinen. Und den Anwohnern in der Marienstraße das Leben erleichtern.
Letzte Hoffnung: Ein Start-Up aus Rostock
Jedes Pumpensystem erzeugt im Betrieb Druckschwankungen, die sich als Wellen in den Rohren ausbreiten. Mit drastischen Folgen: höherer Energieverbrauch, Qualitätsminderung, geringere Leistung bis hin zum Ausfall. Ganz abgesehen von nervendem Lärm und Vibrationen.
Ob beim heimischen Kühlschrank, im Aquarium oder großen Industriesystemen, es ist das gleiche Prinzip. Auch beim Pumpwerk in der Greifswalder Marienstraße, das in Spitzenzeiten bis zu 1000 Kubikmeter Wasser pro Stunde zur Kläranlage befördert.
Zur Lösung der Problematik werden Umbauten in Erwägung gezogen, Kompensatoren geplant, alles teure und aufwändige Versuche, ohne Erleichterung für die Anwohner.
Letzte Hoffnung: Die Mitarbeiter kontaktieren die „Hydronauten“, eine Firma, die sie aus der OZ kennen. Das junge Unternehmen aus Rostock hat eine smarte Technologie entwickelt, die Störgeräusche in hydraulischen Leitungssystemen unterdrückt. Elke Siekmeier las im März 2022 von der Firma und dachte sofort: „Genau das haben wir schon lange gesucht.“
Die Gründungsmitglieder Andre Laß und Johannes Büker kennen die geschilderten Probleme. „Solche Versuche lindern nur die Symptome. Wir aber beseitigen die Ursache“, sagen die Unternehmer selbstbewusst.
Smarte Technologie gegen nervende Pumpen
Ihr 2020 patentiertes System der QuietHydro-Technologie funktioniert wie bei Kopfhörern mit Geräuschunterdrückung: Umgebungslärm wird aufgezeichnet und mithilfe eines Gegengeräusches reduziert. Das nennt man destruktive Interferenz.
Präzise Messung und Produktion von Kompensatoren
Andre Laß und sein Partner Johannes Büker fahren nach Greifswald, um sich das Problem anzuschauen. Ihr Ansatz klingt so einfach wie genial: Sie messen die Druckschwankungen im System, ein KI-gesteuerter Regelalgorithmus erzeugt dann den passenden Gegenimpuls. Dieser dämpft die entstandenen Druckwellen und verhindert deren Ausbreitung im System. Die Folge: Ruhe im Rohr.
Neben der genauen Messung sind die individuelle Produktion der Lärmkompensatoren und professionelle Nachsorge die Standbeine des jungen Unternehmens. Alles aus einer Hand.
Beim Abwasserwerk Greifswald ist man sofort überzeugt vom Lösungsvorschlag der beiden. In der Steigleitung, einem Rohr ausgehend von der Grundlastpumpe, wird mit einem Y-Stück ein Abzweig geschaffen. Hier arbeitet nun ein kleiner Generator, der den Druck misst und mittels Schaltkasten an der Wand gegensteuert. Gemessen an Aufwand und Nutzen der vorherigen Versuche: ein Kinderspiel. Die Testphase verläuft erfolgreich, am 16. März 2023 erfolgt die Abnahme.
Ruhe im System macht Nachbarn glücklich
Die Nachbarn sind begeistert, es funktioniert. Endlich eine enorme und spürbare Verbesserung der Lebensqualität. Auch Elke Siekmeier, selbst Diplom-Ingenieurin, ist erleichtert. „Diese Technologie spart Nerven und Ressourcen. Das ist wirklich ein Meilenstein. Wir stehen gerne als Referenzobjekt zur Verfügung.“